Projekt-Ingenieur (m/w/d) Verfahrenstechnik / Chemie
Kleiberit SE & Co. KGWeingarten
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Techniker - Fachrichtung Chemische Technologie Jobs und Stellenangebote
Wer glaubt, der Beruf des Chemietechnikers bestünde nur aus stiller Laborarbeit irgendwo zwischen Glasflaschen und weißen Kitteln, der irrt sich – gewaltig sogar. Tatsächlich ist die Fachrichtung Chemische Technologie ein Hybridwesen: Ein Techniker, der nicht im Elfenbeinturm sitzt, sondern nah am industriellen Puls. Als Berufseinsteiger merkt man schnell: Theorie ist das eine. Die rauere Wirklichkeit zwischen Prozessleitsystemen, Schichtbetrieb und spontaner Problemjagd, das ist der Alltag. Kongruenz zwischen Ausbildungsplan und echter Produktion? Eher eine Annäherung als eine Schnittmenge. Und das meine ich durchaus respektvoll.
Kernaufgaben? Ein Chamäleon. Heute kann es Prozessüberwachung sein, morgen die Inbetriebnahme neuer Anlagen, übermorgen plötzlich Trouble-Shooting bei einem ungeklärten Reaktionsausschuss. Kurz: Wer sich nach Berechenbarkeit sehnt, wird hier nur selten ruhig schlafen. Das Zauberwort heißt Prozessverständnis. Ohne das geht nichts – wirklich nichts. Erschwerend kommt der ständige Spagat hinzu: Zwischen Analytik und Technik, Produktionsziel und Qualität, Mensch und Maschine. Und: Ja, häufig auch zwischen Chef und Schichtteam.
Manchmal frage ich mich, ob die Jobinserate je die soziale Komponente erwähnen. Denn abseits der Verfahrenstechnik sind Soft Skills gefragt, wie sie kein Banalerstellungstest abprüft. Ein waches Auge fürs Detail, aber nie Tunnelblick! Kommunikationstalent, wenn die Nachtschicht nachfragt, warum der pH-Wert plötzlich „tanzt“. Und: die Fähigkeit, sich auf die Dynamik im Chemiebetrieb einzulassen. Kein Tag wie der andere, das stimmt leider.
Einer meiner ersten Fehler im Beruf? Glauben, dass jede Verfahrensanweisung tatsächlich 1:1 so umgesetzt werden kann. Nach der Weiterbildung oder dem Studium steht man oft da, im Glauben, bestens gerüstet zu sein – und wird am zweiten Arbeitstag von einer alten, störrischen Steuerung unbarmherzig eines Besseren belehrt. Oder man merkt plötzlich: Die Routineaufgaben laufen, aber genau bei der einen, nie behandelten Ausnahme steht alles. Ausgerechnet dann, wenn Zeitdruck und Serienfertigung aufeinanderprallen. Vielleicht bin ich da zu ehrlich, aber dieses Gefühl des Überwältigtseins: Völlig normal. Wer es im Kollegenkreis anders behauptet, der findet vermutlich auch, dass es im Dezember nie zieht.
Zum Glück wächst man rein. Viele Firmen wissen inzwischen um die Einstiegslücken. Es lohnt sich, offene Gespräche zu suchen – und Rückfragen zu stellen, auch wenn der eigene Stolz protestiert. Besonders als Quereinsteiger aus anderen MINT-Bereichen: Unterschätzt die Knackpunkte der chemischen Produktion nicht! Die Anlagenlogik und die betrieblichen Gepflogenheiten unterscheiden sich oft markant von anderen technischen Feldern. Genauer hinschauen, Nachfragen nicht scheuen, kleine Rückschritte einpreisen – irgendwann kommt der Tag, an dem man als „Alter Hase“ selber schultern klopft.
Jetzt aber zu dem Thema, das die meisten ohnehin als erstes – und dann als letztes – besprechen wollen: Geld. Wer als Berufseinsteiger im Westen in die chemische Industrie geht, wird schnell merken, dass die Tarifbindung dort nicht aus Spaß am Papierkram existiert. Die Gehälter sind ordentlich, oft im oberen Bereich vergleichbarer Technikerberufe. Im Osten? Da haben wir noch immer Aufholbedarf, zumindest außerhalb großer Standorte. Und zwischen Lebensmittelindustrie und Pharmariesen? Da verlaufen mitunter Gehaltswelten, in denen ein und dieselbe Qualifikation ganz unterschiedlich bewertet wird.
Der Durchschnitt ist schnell gefunden – und taugt selten als Kompass. Wer als Fachkraft wechseln will oder mit Spezialisierung auf Verfahrenstechnik liebäugelt, für den lohnen sich tiefergehende Marktanalysen. Sonderzahlungen, Schichtzulagen, Überstundenregelungen: All das kann den Lohnzettel am Monatsende signifikant verändern. Und nebenbei: Chemietechnik bedeutet nicht immer Chemiegigant gleich neben der Metropole. Im ländlichen Raum winken zwar kürzere Wege, aber seltener dicke Zuschläge. Wer flexibel ist (Mobilität, Bereitschaft zu Standortwechsel), dem eröffnen sich oft echte Gehaltssprünge – nicht immer bequem, aber häufig eine Überlegung wert.
Man sagt ja, man solle nie nach dem Karriereplan fragen, bevor man den ersten Monat hinter sich hat. Schwierig! Denn viele warten nur auf das richtige Stichwort, um zu erzählen, wie sie vom Anlagenbediener zum Projektleiter aufgestiegen sind. Und tatsächlich: Der technologische Wandel wirbelt die Aufstiegswege neu durch. Digitalisierung ist längst kein Modebegriff mehr; selbst im traditionellen Chemiewerk sind automatisierte Analysen, datengestützte Prozesssteuerungen und virtuelle Wartung keine Science Fiction. Wer damit umgehen kann, legt die Messlatte höher – und hebt potenziell auch den eigenen Lohn.
Allerdings muss man ehrlich sein: Nicht jede Weiterbildung öffnet Türen. Manche qualifiziert für alles – und damit manchmal für nichts. Spezialisierung in Richtung Umweltmanagement, Laborautomation oder Anlagensicherheit? Top, wenn es zur Firma und Branche passt. Aber die Richtung sollte gut überlegt sein; Blindflug mit Weiterbildungsgutschein führt selten zum Ziel. Hinhören, was im eigenen Unternehmen oder in den Stellenausschreibungen aktuell gefragt ist – immerhin ändern sich die wichtigsten Qualifikationen alle paar Jahre.
Die oft zitierte Nachfrage nach technischen Fachkräften in der Chemie – ja, sie existiert. Vor allem im Schichtbetrieb, seltener in der Tagesroutine. Die Chemiebranche ist eine der wenigen Industrien, die noch mit einer soliden Struktur und klarer Tarifbindung wirbt. Trotzdem: Die großen Magneten heißen Ballungsraum, Werkstores, Standortprämien. Wer regional ungebunden ist, findet auch in kleineren Städten Optionen. Aber – und das wird oft unterschätzt: Die Flexibilität kann zur Lücke werden, wenn Familie oder Partner an einem Ort gebunden sind.
Und der Klassiker, Work-Life-Balance? Schichtdienst, Bereitschaft, Rufbereitschaft – die Liste ist lang. Nicht jeder kommt damit klar, nach der Nachtschicht noch die Energie fürs Privatleben aus dem Hut zu zaubern. Aber: Viele Betriebe bemühen sich, modelle einzuführen, die familienfreundlicher sind. Noch nicht flächendeckend, aber der Trend ist sichtbar. Ein Patentrezept? Gibt’s leider nicht.
Was wäre also das „Geheimrezept“ für alle, die in der Chemietechnik einsteigen oder wechseln wollen? Neugier bewahren. Die eigene Unsicherheit als Lernmotor nutzen. Den Mut zum Nachfragen nicht verlieren, gerade dann, wenn das Gegenüber schon zum dritten Mal die Geduld verliert. Sich bewusst machen, dass die großen Karriereschritte oft unsichtbar vorbereitet werden – durch kleine, tägliche Lernerfolge und den Willen, sich auch nach dem x-ten Anlagenstillstand noch aufs Neue überraschen zu lassen. Wer dabei Authentizität wahrt, auch mal Fehler zugibt, der wird – vielleicht etwas langsamer, aber deutlich nachhaltiger – zum echten Chemietechniker.
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