
Kunsttherapeut/in (Hochschule) Jobs und Stellenangebote
Alles was Sie über den Berufsbereich Kunsttherapeut/in (Hochschule) wissen müssen
Kunsttherapie (Hochschule): Eine Grenzgängerin zwischen Kunst, Psychologie und Gesellschaft
Kunsttherapeutin? Kunsttherapeut? Es gibt Berufe, die sich nicht so recht in die Schubladen drücken lassen – und ja, die Kunsttherapie gehört definitiv dazu. Ich erinnere mich noch an meine erste Begegnung mit diesem Arbeitsfeld: ein gemischtes Team aus Psychologinnen, Künstlern, Sozialpädagoginnen, alle in einem Raum, der nach Aquarellfarbe, Kaffee und alten Geschichten roch. Man könnte meinen, das sei ein Nischenberuf. Aber in Wirklichkeit fühlt es sich manchmal an wie der letzte sichere Hafen für Menschen, denen klassische Therapieformen zu starr und reine Kreativberufe zu wenig sinnstiftend erscheinen.
Was macht eigentlich eine Kunsttherapeutin? Mehr als Mandalas und Malkurse
Hier ein Missverständnis gleich vorweg: Kunsttherapie ist nicht die „bunte Ecke“ der klinischen Psychologie und auch kein woke Luxus für Wohlhabende mit Kunstneurosen. Der Alltag von Kunsttherapeut:innen, besonders im akademischen Umfeld, ist – gelinde gesagt – vielschichtig. Man arbeitet an Schnittstellen: zwischen Therapie und Bildung, Kunst und Sozialarbeit, Medizin und Kultur. Es geht darum, mittels kreativer Prozesse Menschen Zugänge zu ihren eigenen Ressourcen zu öffnen – sei es nach einem Schlaganfall, während einer Krebserkrankung, bei Traumafolgestörungen, in der Suchttherapie oder im Setting mit Kindern, die schlicht keine Sprache (mehr) finden.
Und ja, das klingt nach Herausforderung. Die Methoden sind so unterschiedlich wie die Menschen: Mal werden Tonklumpen geknetet, mal Landschaften gepinselt, Collagen geklebt oder sogar digitale Medien ins Spiel gebracht – ein Feld, das, zugegeben, gerade erst dabei ist, seine eigenen Antworten auf die Digitalisierung zu finden. Kein Tag ist wie der andere. Manchmal ist das beglückend, manchmal schlicht konfus.
Berufsweg, Voraussetzungen und Stolpersteine: Keine Abkürzungen, dafür viele Seiteneingänge
Dieser Beruf ist ein Paradies für Umwege. Die meisten Kolleg:innen, die ich kennengelernt habe, sind Quereinsteiger mit Erfahrungshunger: Früher Malerin, jetzt Therapeutin; vormals Krankenpfleger, nun Kunsttherapeut; Sozialarbeiterinnen, die noch mal ein Studium drangehängt haben. Der klassische Weg? Meist ein kunsttherapeutisches Studium an einer Hochschule, oft in Verbindung mit Praktika, Vorqualifikationen und Eignungsprüfungen. Wenig überraschend: Hier wird viel Wert auf persönliche Reife und Reflexion gelegt. Kunsttherapie ist kein Job für Blender oder reine Theoretiker.
Es gibt laufend kleine und große Hürden. Erstmal: Die Anerkennung – teils auf Landesebene geregelt, teils nicht. Manche Arbeitgeber setzen auf einen Masterabschluss, andere akzeptieren Bachelor- oder Zusatzqualifikationen. Wer auf Sicherheit aus ist, sollte die Details checken, bevor er (oder sie) loslegt. Was viele unterschätzen: Die Schnittmenge aus psychologischer Fachkenntnis und künstlerischer Praxis will gepflegt und ständig erweitert werden; ein endloses Work-in-Progress, wie es heute so schön heißt. Wer meinte, mit dem Hochschulzeugnis sei alles erledigt, wird bald eines Besseren belehrt.
Geld, Glanz und grauer Alltag: Was bleibt übrig am Monatsende?
Machen wir uns nichts vor: Kunsttherapie ist kein Ticket in die Gehalts-Oberliga. Der Schampus bleibt meistens im Regal – und eigentlich auch der Prosecco. Das Einstiegsgehalt liegt oft am unteren Ende der Skala für akademische Heilberufe. Im Gesundheits- und Sozialwesen hängt die Bezahlung von Arbeitgeber, Trägerschaft, Standort und manchmal auch vom Grad der öffentlichen Wertschätzung ab – die übrigens immer wieder schwankt wie das Wetter im April.
In Metropolen wie Berlin oder München locken bisweilen Tarifstellen im Öffentlichen Dienst, kombiniert mit prekären Verträgen auf Honorarbasis. Ländliche Regionen bieten gelegentlich mehr Jobsicherheit, aber dafür weniger Entwicklungsspielraum. Private Kliniken, Schulen, Reha-Einrichtungen, Praxen: Die Branchenstruktur ist ein Flickenteppich. Richtig flott wird’s, wenn man den Sprung in die eigene Praxis wagt oder sich in freiberufliche Netzwerke einbringt. Dann winkt zwar Flexibilität, aber eben auch das volle Risiko der Selbstständigkeit – inklusive Steuerfrust, Akquise und manchmal auch exakt null Einkommen im „Saure-Gurken-Monat“.
Arbeitsmarkt, Wandel und kleine Lichtblicke zwischen Therapie und Technik
Ist Kunsttherapie ein Beruf mit Zukunft? Die Frage begegnet einem ständig – manchmal zwischen Tür und Angel, manchmal im Bewerbungsgespräch. Wenn man ehrlich ist, gibt es aktuell keinen massiven Fachkräftemangel wie in der Pflege. Aber: Die Nachfrage wächst, getrieben von gesellschaftlichen Megathemen wie Psychische Gesundheit, Inklusion, Post-Covid-Syndromen und einer Suche nach humaneren Arbeitsmodellen. Gerade in psychosomatischen Kliniken, onkologischen Rehazentren, Jugendhilfe oder Altersmedizin werden die Einsatzfelder breiter und vielfältiger. Klar: Die Digitalisierung stellt auch die Kunsttherapie auf die Probe. Online-Therapie? Virtuelle Ateliers? Klingt schräg, wird aber ausprobiert. Manche Klienten lieben’s – andere hassen’s. Ich sage: Wer heute noch auf Papier und Pinsel allein setzt, denkt zu kurz.
Die regionale Verteilung der Stellen ist – sagen wir – erratisch. Während in Großstädten ein gewisser Trend zur Akademisierung und Teilzeitarbeit erkennbar ist, halten sich in manchen Bundesländern insbesondere klassische Einrichtungen (Psychiatrie, Sucht, Schule) mit Neueinstellungen zurück. Immer öfter arbeiten Kunsttherapeut:innen projektbezogen, interdisziplinär, an Schnittstellen – und wie so oft bleibt die eigene Initiative der Schlüssel. Vernetzen, weiterbilden, hin und wieder das eigene Berufsbild selbstbewusst verteidigen: Das gehört zur Grundausstattung.
Work-Life-Balance, Selbstschutz und die Kunst, nicht auszubrennen
Ein Punkt, der selten offen diskutiert wird: Die emotionale Belastung in der Kunsttherapie ist nicht zu unterschätzen. Die Geschichten und Biografien, mit denen wir zu tun haben, gehen selten spurlos vorbei. Bei aller Erfüllung – zuweilen kippt das Pendel ins Überfordernde. Wer sich nicht abgrenzen kann oder in seiner kreativen Energie zerfasert, riskiert das vielzitierte „Helper’s High“ samt krachendem Absturz. Der Austausch im Team, Supervision, manchmal auch handfeste Pausen von der eigenen Kunst – das hilft. Zuweilen muss man sich eingestehen: Auch die schönste Berufung ist ein Beruf.
Und mal ehrlich: Wer als Berufseinsteiger:in nach Sinn, aber auch Sicherheit sucht, sollte sich nicht von rosaroten Prospekten blenden lassen. Die Kunsttherapie verlangt viel – aber sie gibt auch viel zurück. Es sind die kleinen, echten Momente, die zählen. Wenn ein Kind nach Wochen sein erstes Bild malt. Wenn eine Patientin in der Reha mit dünner Stimme sagt: „Ich wusste gar nicht mehr, dass ich Farben mag.“ Das, so pathetisch es klingt, ist schwer zu toppen.
Die Kunsttherapie bleibt eine Grenzdisziplin. Wer hier arbeitet, muss Wandel und Ungewissheit aushalten, Neugier kultivieren – und gelegentlich den Mut haben, den eigenen Weg zu gehen. Ist das anstrengend? Sicher. Aber ganz ehrlich: Wer behauptet, Therapieplätze seien planbar wie Fließband-Jobs, hat nie ein Atelier weit ab vom Trubel betreten. Ich habe für mich noch keine abschließende Antwort gefunden – aber vielleicht liegt genau darin der Reiz.