
Hippotherapeut/in Jobs und Stellenangebote
Alles was Sie über den Berufsbereich Hippotherapeut/in wissen müssen
Zwischen Pferdehufen und Therapieerfolgen: Einblicke in die Wirklichkeit des Berufs Hippotherapeut/in
Das Bild ist romantisch – und, zugegeben, es hält sich hartnäckig: Da sieht man jemanden, der mit sanfter Stimme ein Pferd am Führstrick hält, ein Kind sitzt lächelnd im Sattel, ringsum Natur, Ruhe, Zuversicht. Und in diesen Minuten, manchmal sind es sogar Sekunden, scheint alles leicht. Diese Momente gibt es. Aber wer den Weg in die Hippotherapie wählt – sei es als Berufseinsteigerin, Umsteiger oder suchende Fachkraft auf Sinnsuche – dem rate ich zu einer Portion Realismus und Offenheit für die kleinen Unschärfen, die diesen Beruf ausmachen. Denn Hippotherapie ist weder ein romantisches Hofidyll noch ein typischer medizinischer Job am Schreibtisch. Sondern irgendwo dazwischen – mit all seinen Widersprüchen, Anforderungen und Chancen.
Von außen betrachtet: Was tut eine Hippotherapeutin überhaupt?
Zuerst einmal: Hippotherapie ist nicht Reitunterricht und auch kein reiner Therapeutenjob mit Stethoskop und Sprechzimmer. Wer hier arbeitet, verbindet medizinisch-therapeutisches Wissen (meist aus Logopädie, Physiotherapie oder Ergotherapie) mit fundierter Pferdeerfahrung. Ziel? Menschen mit neurologischen, motorischen oder psychischen Beeinträchtigungen über die Bewegungen des Pferdes therapeutisch zu fördern. Die Methode setzt auf das rhythmische Schwingen des Pferderückens – das klingt abstrakt, hat aber nachweisbar Effekte auf Gleichgewicht, Muskulatur, Koordination oder sogar Sprachentwicklung.
Im Alltag: Du planst Therapieeinheiten, berätst Angehörige, pflegst Kontakte zu Ärzten, Versicherungen, sozialen Diensten. Du bist oft draußen, bei Wind, mit Staub auf den Schuhen oder Schweiß auf der Stirn. Pferdepflege, Sattelzeug, Sicherheitsprüfungen – auch das gehört dazu. Die Trennung zwischen klassischer Therapie und Umgang mit Pferden verschwimmt hier ständig, und genau das macht den Job einzigartig und herausfordernd. Wer lieber mit Akten statt mit Mähnen arbeitet – vielleicht zweimal überlegen.
Qualifikationen: Wer passt eigentlich in dieses Feld?
Noch immer ist der Berufsweg in die Hippotherapie kein gerader Pfad mit klar beschrifteten Wegweisern. Die meisten Kolleginnen und Kollegen steigen über eine Grundausbildung in einem Gesundheitsfachberuf ein, häufig Physiotherapie oder Ergotherapie. Ohne Vorerfahrung im medizinischen Bereich – keine Chance auf Anerkennung in der Hippotherapie. Hinzu kommt eine Zusatzqualifikation, die auf die Besonderheiten des therapeutischen Arbeitens mit Pferd und Patient ausgerichtet ist. Inhalte: Anatomie des Pferdes, Sicherheitsmanagement, spezielle Krankheitsbilder, Methodik der hippotherapeutischen Intervention – das volle Programm, meist berufsbegleitend.
Aber: Was in keinem Zertifikat steht, ist die Persönlichkeit. Wer Pferde nicht mag – nicht nur als „Therapieinstrument“, sondern als Lebewesen mit Eigenarten und, ja, gelegentlichen Eigenwilligkeiten – wird im Beruf nicht glücklich. Und auch Geduld, Gelassenheit und die Fähigkeit, flexibel auf unvorhersehbare Situationen zu reagieren, lassen sich nicht in Kursen abrechnen. Die Arbeit spielgelt manchmal das Wetter: wechselhaft, herausfordernd, und oft schöner, als es Fotos abbilden können. Oder frustrierender. Das ist keine Raketenwissenschaft, aber auch kein Spaziergang.
Geld, Anerkennung und der Kampf um Stellen
Bleiben wir realistisch: Die Verdienstmöglichkeiten in der Hippotherapie reichen nur selten an die klassischer Heilberufe heran – und schon gar nicht können sie mit dem Hype um Tech-, Pflege- oder Medizinberufe mithalten. Einstiegsgehälter bewegen sich meist im unteren bis mittleren Segment für Gesundheitsberufe, regional stark schwankend. Wer im Süden Deutschlands oder in städtischen Ballungsräumen arbeitet, findet in der Regel mehr Angebote, aber auch mehr Konkurrenz. Ländliche Räume? Mehr Platz, weniger Jobs, geringere Stundenhonorare. Besonders für Berufseinsteiger, die frisch ihre Zusatzqualifikation absolviert haben, kann das ein echter Dämpfer sein.
Nebenbei: Viele Hippotherapeutinnen arbeiten freiberuflich oder in Teilzeit, kombinieren Standbeine – Therapie, Unterricht, manchmal Zucht oder Beritt. Wer satte Gehälter sucht – tja, der ist in diesem Berufsfeld meistens falsch. Nicht falsch hingegen ist, sich damit zu arrangieren oder das eigene Portfolio klug zu mischen. Immerhin: Wo engagierte Therapeutinnen mit Herz und Professionalität arbeiten, wächst die Nachfrage. Anerkennung gibt's dann – nicht immer im Portemonnaie, manchmal eben nur im Lächeln eines Kindes. Was mehr wiegt? Debattierbar.
Karrierewege, Arbeitsmarkt und das große Feld der Unsicherheiten
Der Arbeitsmarkt ist eigenartig zäh. Hippotherapie ist nach wie vor ein Nischenfeld, in weiten Bereichen von Fördergeldern oder Lotteriemitteln abhängig. Gesetzliche Regelungen? Je nach Bundesland unterschiedlich. Wer eine sichere Beamtenstelle sucht, lacht sich ins Fäustchen – denn die gibt's hier nicht. Dafür bietet das Berufsfeld eine Mischung aus festen Anstellungen (selten), projektbasierten Tätigkeiten und der Notwendigkeit, sich selbst sichtbar zu machen: über Netzwerke, Social Media, manchmal auch regionale Initiativen. Momentan steigt die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für tiergestützte Therapien. Wer geschickt ist, kann daraus Chancen ableiten: Qualifizierungsmaßnahmen, regionale Modellprojekte, Innovationsförderungen sind zwar kein Dauerregen, aber eben auch kein Mythos.
Was viele unterschätzen: Auch Digitalisierung kommt an den Reitplatz. Online-Dokumentation von Therapieverläufen? Trainingsprogramme auf dem Tablet? Ganz ehrlich – solche Werkzeuge werden in Zukunft selbst hier Standards setzen. Der Generationenwechsel spielt dabei übrigens eine nicht zu unterschätzende Rolle, das jedenfalls beobachte ich in meinem Netzwerk. Jüngere Kollegen bringen digitalen Schwung, alte Hasen oftmals Skepsis – irgendwo dazwischen liegt vermutlich die Zukunft.
Körper, Kopf und das berühmte, aber seltene Gleichgewicht
Ein letzter – vielleicht überraschender – Punkt: Die Work-Life-Balance in der Hippotherapie ist nicht paradiesisch, dafür aber ehrlich. Flexible Arbeitszeiten? Ja, sofern die Pferdezeiten das hergeben und die Klientenpläne nicht wieder alles auf den Kopf stellen. Die körperlichen Belastungen sind nicht zu unterschätzen. Winterfrost, Hallenstaub, gelegentlich ein Pferdehuf zu viel am eigenen Schuh – all das gehört dazu. Gleichzeitig gibt die Arbeit Nähe zu Menschen und Tieren, eine Mischung aus Konzentration, Verantwortung und dem Gefühl, tatsächlich einen Unterschied zu machen.
Manchmal fragt man sich, ob all die kleinen Fortschritte, das ewige Ringen um Fördermittel, das Jonglieren mit Hausterminen und der Kampf gegen bürokratische Windmühlen wirklich aufwiegen, was an kräftezehrenden Momenten aufgelaufen ist. Dann aber erinnert ein Patient, ein Mensch oder auch das Pferd daran, dass in diesem Beruf nicht die messbaren Erfolge entscheiden, sondern das Erleben von Entwicklung. Klingt pathetisch, stimmt aber oft.
Fazit: Zwischen Idealismus und Pragmatismus
Für Berufseinsteiger oder Wechselwillige bleibt die Hippotherapie ein Feld voller Potenzial – allerdings mit Ecken, Kanten und der Notwendigkeit, sich wieder und wieder flexibel zu positionieren. Solide Grundausbildung, Pferdekompetenz und die Lust, Umwege zu gehen, sind nützlich. Wer den direkten Weg zu Reichtum, Anerkennung oder steter Planbarkeit sucht, wird enttäuscht. Wer aber bereit ist, zwischen Therapeutensessel und Pferdebox zu pendeln, findet durchaus einen erfüllenden, manchmal sogar aufregenden Beruf mit echtem Gestaltungsspielraum. Die Hippotherapie ist damit kein Zufluchtsort für Aussteiger, sondern ein Arbeitsfeld für robust Engagierte. Und wer es wagt, bleibt oft aus genau diesem Grund – nicht trotz der Unsicherheiten, sondern wegen der Aussicht, Dinge wirklich bewegen zu können. Im Wortsinn.